Kannst du dich noch erinnern? Wie es war als Kind zu zeichnen?

Ich erinnere mich an den Geruch meiner Pastellkreide, die ich immer gern benutzte und wie sie sich zwischen meinen Fingern anfühlte. War ich mit einer Zeichnung fertig, hatte ich immer das Gefühl tiefster Zufriedenheit. Ich stellte meine Bilder immer irgendwohin, wo ich sie den restlichen Tag über sehen konnte. Sie waren nie perfekt, aber das liebte ich so sehr daran. Die Linien waren schnell und “unsauber”, das Papier viel zu dünn und wellig, aber es war egal. Ich habe etwas erschaffen. Es machte mich stolz.

Jetzt - knapp 20 Jahre später - ist es deutlich schwieriger geworden, mal wieder zu zeichnen. Das Gefühl, voll im Moment zu sein, war kaum noch präsent. Aber dann bekam ich einen Impuls “doch endlich mal zu machen!”.

Und dann fing ich an.

Ich kramte ein altes Skizzenbuch heraus und zeichnete.

Ich zeichnete, wenn ich es schaffte. Meist abends auf dem Sofa, während im Hintergrund irgendeine Reportage auf YouTube lief. Ich zeichnete zunächst Augen, Münder und Nasen. Ich konnte den Kopf endlich mal ausschalten, alle negativen Gedanken verstummten und ich war voll im Moment. Ich sah schnell wie ich jedes Mal ein kleines bisschen besser wurde und das hat mich extrem motiviert weiter zu machen. Nach einem Monat merkte ich wieviel besser mein Leben durch diese kleine Auszeit geworden ist.

Und wie ein Skizzenbuch dein Leben auch verändern kann, erzähle ich dir hier.

Zunächst: Warum unbedingt ein Skizzenbuch?
Ein Buch ist etwas Wundervolles. Deine Kunstwerke sind alle in einem wunderschönen Umschlag gebunden und für immer da. Wie oft habe ich schon einzelne Blätter irgendwo hingelegt und nie wieder gefunden. Ein Skizzenbuch passt in deine Tasche, du kannst es immer dabei haben um zu zeichnen. Es ist viel günstiger sich ein Skizzenbuch mit 100 weißen Seiten zu kaufen, als einzelne Leinwände oder teure Papiere.

Welche Art von Skizzenbücher ich NICHT meine
Es geht hier nicht um Skizzenbücher, die nur schnelle Ideen festhalten oder in denen einfach nur versucht wird, möglichst schöne Seiten zu gestalten, die im Grunde aber nur fremden Ideen kopieren.

Es geht um Skizzenbücher, die aus dir heraus entspringen. Aus deinen Gefühlen und deiner Art Dinge zu sehen.

Okay, aber warum ist es lebensverändernd, ein Skizzenbuch zu haben?

Hier sind meine Points:

1. Es ist dein Safespace

Der Grund, der uns am meisten davon abhält zu zeichnen ist: “Die anderen könnten es häßlich finden!”

Das höre ich immer und immer wieder. Aber die Lösung ist einfach: Zeige es einfach niemandem. Zeichne für dich! Ein Skizzenbuch kann dein Safespace sein, in dem du experimentierst, lernst, Neues ausprobierst und deine Kreativität und deine Geschicklichkeit wachsen lässt. Es ist dein geheimer Rückzugsort, an dem du einfach du sein kannst und von allen äußeren Bewertungen frei bist. Dadurch werden deine Zeichnung viel authentischer. Du wirst dadurch viel authentischer!

2. Es ist eine Aufzeichnung deines Lebens

In deinem Skizzenbuch lernst du, Dinge, die in deinem Kopf und deinem Herzen sind, auf Papier zu bringen. Du konservierst deine Emotionen, wie du etwas wahrgenommen hast und kannst deine Erlebnisse wie in einem Tagebuch verarbeiten, reflektieren und “abhaken”. Du kannst zeichnen, wie deine Katze heute morgen wieder auf dem Sofa lag und dir beim Meditieren zugesehen hat. Du kannst dein Müsli zeichnen oder was du darin vielleicht gesehen hast. Oder wie sich das letzte Zoom-Meeting für dich angefühlt hat. Es ist deine Spielwiese, lass dich einfach treiben und verarbeite deine Tage künstlerisch in deinem Skizzenbuch. Nutze deine Aufzeichnungen auch später immer wieder, um Rückschau zu halten. Wie hast du dich damals gefühlt? Was hat dich beschäftigt? Wie hast du dich in der Zwischenzeit künstlerisch weiterentwickelt?

3. Dein Blick auf die Welt verändert sich radikal

Dadurch, dass du jeden Tag Objekte, Personen oder Orte genau betrachtest und zeichnest, die du schön findest, verändert sich dein gesamter Blick auf die Welt. Du wirst Schönheit in vermeintlich hässlichen Dingen finden. Du wirst vermeintlich schöne und perfekte Dinge irgendwann langweilig finden. Du wirst einen ganz neuen Blick für deine Umgebung haben.

Du wirst mehr und mehr verstehen, wie schön und reich dein Leben ist. Wie gut es dir geht, weil du aus einem Fenster schauen kannst und grüne Bäume siehst. Dir fallen viel mehr Details auf, z. B. die Struktur der Treppe vor deinem Haus oder wie unterschiedlich

4. Du lernst viel über dich selbst

Wenn du damit beginnst, dich über deine Kunst auszudrücken, ist das wie ein Spiegel. Oft zeichnen wir etwas ohne zu wissen, warum wir gerade genau dieses Motiv gewählt haben. Es lohnt sich genau hinzuschauen. Mach einen Schritt zurück und betrachte dein Werk und dich wie ein Außenstehender. Mir hilft das immer, um die Zusammenhänge klarer zu sehen. Du wirst du deine Motivation vielleicht auch schon kennen, in jedem Fall ist es ein krasses Tool, um sich selbst viel besser kennen zu lernen.

Manchmal kann da auch ganz schön was an die Oberfläche gespült werden. Unser Unterbewusstsein kommuniziert sehr gerne über Bilder mit uns, lass es zu und freu dich über die Bekanntschaft mit dir selbst :)

5. Malen und Zeichnen reduziert Stress

Malen ist wie Therapie. “Etwas” lange und ruhig zu observieren, es genau zu betrachten und das auf ein Blatt Papier zu übertragen, wirkt bei mir besser als jede Meditation. Ich fühle mich nach dem Zeichnen glücklicher und zufriedener. Vor allem wenn man viel am Laptop sitzt und nur digitale Ergebnisse erzeugt (wie diesen Text hier), brauche ich den Ausgleich etwas reales zu erschaffen. Die Materialien anfassen zu können, zu spüren wie sie sich anfühlen, wie schwer sie sind und wie alles zusammen klingt.

Das Ausmalen von Bildern wird sogar in einigen Therapien als Tool benutzt um die Patienten wieder zu einem glücklicheren Leben zu führen. Malen und Zeichnen kann dabei helfen negative Glaubenssätze umzudeuten und besser mit Angst umzugehen. Vor allem einfache Ausmalbilder wirken wohl sehr entspannend, weil die vorgegebenen Linien den Druck rausnehmen etwas super künstlerisches zu schaffen. Die Verbindungen der Gehirnzellen kommen zur Ruhe und das Nervensystem kann durchatmen.

Das waren jetzt fünf ziemlich gute Gründe mit einem Skizzenbuch zu beginnen oder?

Was für Effekte hat das Zeichnen eigentlich auf dich schon gehabt? Erzähl doch mal in den Kommentaren :)